Aktueller Stand:
22.06.2007 - Ironsport wurde wegen der Kritik eines Forenbenuzters an einer Firma abgemahnt
27.06.2007 - Eine erste Anwort des gegnerischen Rechtsanwalts offenbart ganz neue Hintergründe
Ironsport wurde erneut abgemahnt
22.06.2007

Kann der Betreiber eines Internetangebotes für Meinungsäußerungen und den Schriftverkehr seiner Besucher verantwortlich gemacht werden?


Und wieder wurde der Betreiber eines Internetforums kostenpflichtig abgemahnt. Dies allein ist, zugegebenermaßen, für das Deutsche Internetrecht leider nicht ungewöhnlich, doch dieser Fall ist es. Abgemahnt wurde nämlich Patrick Albers, der Betreiber des Ironsport Forums. Jener erlangte ein wenig Bekanntheit durch eine andere Abmahnung, die vor einiger Zeit für recht viel Aufsehen im deutschsprachigen Internet sorgte.
Patrick Albers wurde bereits einmal deftig abgemahnt (siehe hier). Im ersten Fall, der fast zwei Jahre zurück liegt, ging es um den Namen eines Benutzers, der einem eingetragenen Markennamen ähnelte. Der abmahnende Rechtsanwalt setzte einen Streitwert von sagenhaften 100.000 Euro fest und verlangte die Unterlassung jeglicher Verwendung des Markennamens "im geschäftlichen Verkehr". Weil aber dieser Marken- bzw. Benutzername lediglich zur Kennzeichnung einer Person verwendet wurde, war die Angelegenheit klar. Der Fall ging vor Gericht, wo entschieden wurde, dass die Abmahnung unberechtigt war und auf rechtsmissbräuchliche Weise erfolgte.
Es bestanden weitere Gründe, weshalb das Gericht diese Entschiedung traf. Einer war, dass die Gegenseite gar nicht erst vor Gericht erschien. Der Grund hierfür war nicht zuletzt das unglaublich große Interesse, dass in unzähligen Internetgemeinden entflammte und wie eine Welle durch die Internet-, Blog- und Forenlandschaft rollte. Die laut erklingende Resonanz auf diese offensichtlich haltlose Abmahnung war überwältigend und mit entscheidend für den positiven Ausgang in diesem Fall.
Ein wenig enttauschend an dem Urteil war jedoch die ausbleibende Konsequenz. Weil die Gegenseite nicht vor Gericht erschien, wurde lediglich ein Versäumnisurteil ausgesprochen, welches diesen Fall nicht zu einem Präzedenzfall macht. Wegen der Kapitulation der Gegenseite konnte keine Grundsatzentscheidung getroffen werden. Das bedeutet, dass andere Fälle unberechtigter Abmahnungen sich nicht auf dieses Urteil berufen können. Leider, denn das wäre bitter nötig gewesen.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, sondern ein Teil des Deutschen Rechts. Doch das ist schwammig formuliert. Die Opfer dieser rechtlichen Unklarheiten sind meist diejenigen, denen das Gesetz eigentlich dienen sollte: die Betreiber von Internetangeboten sowie die Nutzer derselben. Das deutsche Internetrecht begünstigt dagegen Firmen, die durch die freie Meinungsäußerung und den freien Informationsaustausch im Internet ihren Absatz gefährdet sehen. So ist es ihnen möglich, mit den Gesetz auf ihrer Seite, nach eigener Auslegung kostenpflichtige Abmahnungen zu verschicken, und das nicht zu knapp. Und die Abmahnung, die nun wieder an den Betreiber des Ironsport Forums gegangen ist, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.


Für Patrick Albers ist diese Abmahnung nicht viel anders als die erste: sie ist mit dem gesunden Menschenverstand nicht zu vereinbaren. Der angesetzte Gegenstandswert beläuft sich auf "nur" 15.000 Euro, wobei nicht gesagt wird, auf welcher Grundlage dieser Betrag errechnet wurde. Der Grund für die Abmahnung war Kritik, die von einem Benutzer im Ironsport Forum geäußert wurde. Es handelt sich dabei um genau zwei kritische Kommentare eines einzigen Benutzers. Die Kritik richtete sich gegen eine Firma, die Produkte für den Bereich der Fitness, Gesundheit und Beauty über einen Online-Shop verteibt.
In der Abmahnung wird verlangt, dass Patrick Albers die beiden in der Abmahnung angegebenen Kommentare aus dem Forum zu löschen habe. Außerdem habe er dafür zu sorgen, dass in Zukunft keine weiteren kritischen Kommentare zu jener Firma im Ironsport Forum auftauchen. Um dies rechtlich abzusichern, habe er einen Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag zu unterschreiben. Bei Vertragsbruch, also bei erneuten kritischen Meinungsäußerungen der Benutzer, habe er eine Vertragsstrafe von 5.001 Euro zu bezahlen. Daneben habe er selbstverständlich die anwaltlichen Kosten der Gegenseite zu tragen, die mit 869,00 Euro nicht gerade gering sind.

Abmahnung: (Klicken, um vergrößerte Version zu sehen)
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Die Frist wurde bis zum 22.06.2007 angesetzt. Das Datum, welches dick auf der ersten Seite der Abmahnung geschrieben steht, besagt, dass die Abmahnung offensichtlich am 16.06.2007 verfasst und wohl auch abgeschickt wurde. Angekommen ist die Abmahnung jedoch, per Einschreiben, am 20.06.2007. Auf dem Poststempel war der 19.06.2007 zu lesen. Da sich diese Frist somit auf weniger als zwei Tage belief, bliebe Patrick Albers ohnehin nicht viel Zeit, um allen Forderungen zu entsprechen.

Ironsport war nicht das einzige Forum, in dem Kritik geäußert wurde. In mehreren anderen Foren gab es Diskussionen sowie herbe Kritik über jene Firma und deren Produkte. Die Kritik in anderen Foren ist vergleichbar streng und zum Teil sogar um einiges schlimmer. Jedoch wurde nur das Ironsport Forum abgemahnt, wohingegen die anderen Foren verschont blieben. Weshalb also ausgerechnet Patrick Albers das alleinige Opfer einer Abmahnung wurde, mal wieder, ist ihm ein Rätsel.

Verwunderlich an der ganzen Angelegenheit ist aber, dass sich die Verantwortlichen jener Firma offensichtlich nicht den Diskussionsverlauf ganz durchgelesen haben. Denn ansonsten wäre vielleicht aufgefallen, dass die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer der Kritik nicht zustimmte. Viele waren begeistert von den günstigen Preisen. Die kurze Kritik, die von einem einzigen Benutzer verfasst wurde, ist im Diskussionsverlauf untergegangen. Die allgemeine Haltung gegenüber jener Firma war nicht negativ, sondern überwiegend positiv.



Ironsport beschäftigt sich mit dem Themengebiet der Fitness, des Krafttrainings und einer angepassten gesunden Ernährung. Das Ironsport Forum ist für seine ablehnende Meinung gegenüber Doping bekannt. Es wird ausdrücklich ein natürliches Fitness-Training und eine natürliche Ernährung vertreten. Daher werden alle Nahrungsergänzungsmittel, die auf dem Markt erhältlich sind, besonders skeptisch von den Benutzern begutachtet. Kritik an bestimmten Produkten ist nicht ungewöhnlich.


Um den Quell des Streites zu beseitigen, wurden beide Kommentare umgehend von Patrick Albers gelöscht. So, wie es die abmahnende Firma wollte. Doch nicht nur das. Es wurden außerdem alle Kommentare, auch die positiven, aus der Datenbank des Forums spurlos entfernt. Eine solche Zensur scheint notwendig zu sein angesichts der gestellten Ansprüche, überhaupt keine kritischen Kommentare mehr aufkommen zu lassen. Weil es unmöglich ist, jeden Diskussionsbeitrag auf kritische Inhalte bezüglich jener Firma zu durchsuchen, hilft nur das konsequente Ausblenden jeder bloßen Erwähnung, die hinsichtlich dieser Firma geäußert wird.
Damit ist aber auch klar, dass es keine Empfehlungen zu den Produkten jener Firma mehr geben kann. Auf die für Online-Shops verkaufsentscheidende "Mundpropaganda" in den Internetforen muss jene Firma ab sofort verzichten. Ob andere Forenbetreiber gleiches tun, um dem Risiko, ebenfalls von dieser Firma abgemahnt zu werden, zu entgehen, bleibt abzuwarten. Den Namen der abmahnenden Firma will Patrick Albers jedenfalls nicht bekannt gegeben, selbstverständlich nur deswegen, um nicht noch tiefer in den rechtlich unsicheren Sumpf zu sinken, in dem er gerade steckt.


Anders als im ersten Abmahnungsfall hat Patrick Albers diesmal schnell reagiert, und umgehend seinen Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr von der Kanzlei Dr. Bahr in Hamburg informiert und ihn erneut mit seiner Verteidigung beauftragt. Eine entsprechende Antwort auf die Abmahnung erfolgte promt.

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Das Internet ist tatsächlich kein rechtsfreier Raum, sondern vielmehr der Jagdgrund für solche Firmen und Rechtsanwälte, die das deutsche Internetrecht für ihre Zwecke interpretieren und für sich ausnutzen; mit viel Erfolg, wie die Vergangenheit beweist. Mittlerweile sind sogar einige Rechtsanwälte bekannt, die ihr Geld, besser gesagt ihren Reichtum, mit dem Aussprechen dubioser Abmahnungen verdient haben und auch weiter damit fortfahren. Als Betreiber einer Internetseite in Deutschland muss man heutzutage wirklich Angst haben eine Abmahnung nach Hause geschickt zu bekommen. Das zu zahlende Strafgeld, das meistens mehere tausend Euro hoch ist, bedeutet meist das Aus für eine Internetseite. In den häufigsten Fällen weiß man dann nicht einmal was man denn überhaupt falsch gemacht hat oder wie man es überhaupt hätte verhindern können.

Wie es bei Abmahnungen üblicherweiser der Fall ist, wurde im Vorfeld keine Anfrage gestellt, in der die abmahnende Firma darum bat, das kritische Kommentar entfernen zu lassen. Doch damit hätte sich vieles vermeiden lassen. Wie die meisten Forenbetreiber, hätte auch Patrick Albers, wie er versicherte, jegliche Kritik gelöscht, wenn es nur eine Beschwerde gegeben hätte. Allein deswegen, um weiteren Stress zu vermeiden. Doch so, durch das Aussprechen einer Abmahnung, ist auf beiden Seiten ein nicht geringer Aufwand, sowie ein Haufen an Kosten entstanden.

Die entscheidende Frage ist nun: Kann der Betreiber eines Internetangebotes für Meinungsäußerungen und den Schriftverkehr seiner Besucher verantwortlich gemacht werden? Immerhin bietet der Beteiber lediglich eine Plattform an, ein Forum im eigentlichen Sinne, über das der Internetnutzer seine eigene persönliche Meinung kund tun kann.
Sollte dieser Fall vor Gericht landen, und sollte das Gericht zu Ungunsten des Ironsport Forums entscheiden und damit bestätigen, dass Forenbetreiber sehr wohl für die Meinungsäußerungen ihrer Benutzer verantwortlich sind, dann bedeutet dies wohl das Ende jedes Internetforums in Deutschland. Niemand würde bei einem solchen rechtlichen Risiko noch einen Internetauftritt verantworten wollen.
Es ist für den Betreiber einer Internetseite unzumutbar, jedes Kommentar, das von Internetnutzern in ein Forum, Blog oder Nachrichtenportal geschrieben wird, auf rechtliche Bedenklichkeit hin zu überprüfen. Allein schon die Natur des Internets lässt eine solche Kontrolle nicht zu; dies würde das Internet zu einem von "Big Brother" überwachten Postverkehr reduzieren. Die freie Meinsungsäußerung sollte auch im Internet ein Grundrecht bleiben.


Der Verlauf in diesem Fall wird hier weiter dokumentiert werden.

Bei Fragen, Anregungen oder für willkommene Unterstützung steht Patrick Albers gern mit Antwort bereit.
Email: iron@ironsport.de


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